Professionelle Communities auf dem Vormarsch - Interview Dr. Jörg Klukas mit PresseAnzeiger
Mittwoch, 10. Februar 2010, 18:00 Uhr(Dresden, 08.02.2010) Im Interview mit PresseAnzeiger erklärt Jörg Klukas, Community Manager der Communities www.ITsax.de und www.ITmitte.de, worauf es bei Communities ankommt. Ein Schwerpunkt bildet die Nutzung von Communities und Social Media in der Personalarbeit. Ausgangspunkt ist die von der pludoni GmbH in Auftrag gegebenen Community Studie 2009.PresseAnzeiger: Herr Klukas, wie wurden die für die Communitystudie befragten Unternehmen ausgewählt? Jörg Klukas: Die "Communitystudie" wurde in 2009 als Online-Befragung mit ca. 500 Teilnehmern - mehrheitlich Entscheider - vorrangig aus der Informationswirtschaft durchgeführt. 70 Prozent der Befragten waren Unternehmensvertreter, davon verfügten 28 Prozent eine unternehmenseigene Community. 15 Prozent der Befragten waren aktive Community-Manager, wovon 33 Prozent selbstständig, 50 Prozent in Dienstleistungsfirmen und 17 Prozent in anderen Unternehmen tätig waren. Weitere 15 Prozent der Befragten waren sogenannte "Interessierte" bzw. aktive Nutzer von Communities. Kleine und mittlere Unternehmen bis 500 Mitarbeiter hatten einen Anteil von 75 Prozent an der Studie. Ein Viertel waren Großunternehmen ab 501 Mitarbeiter. PresseAnzeiger: Was ist der Vorteil spezialisierter Communities wie ITsax gegenüber Gruppen bei Facebook oder Xing? Immerhin träfen Angebote dort auf eine größere Grundgesamtheit. Jörg Klukas: Die Community ITsax.de besteht aus wachsenden IT-Unternehmen der sächsischen Wirtschaftsregion, welche sich gegenseitig bei der Gewinnung von Fach- und Führungskräften durch ein Empfehlungssystem helfen. Das zugehörige Internetportal unter http://www.ITsax.de ist dabei das Werkzeug. Die entscheidenden Community Aktivitäten finden im Leben statt. Zum Beispiel wenden Personaler die Community Regeln an, um Empfehlungscodes an gute Bewerber zu vergeben. Sie ändern auch Ihre Absageprozesse und wandeln diese zu Empfehlungsprozesse um. Sie ändern ihre Personalpolitik, um etwa auch eine 'Fair Company' (karriere.de) zu werden, und so weiter. Die web2.0 Ansätze im Community Portal ermöglichen, dass viele IT Unternehmen sich gegenseitig gute Bewerber empfehlen können. ITsax.de ist eine gemeinsame Marke führender sächsischer IT-Unternehmen. Das Portal zeigt die Ergebnisse der Community-Arbeit. Es wird gemeinsam von den Mitgliedern beworben und entsprechend der Community Regeln angewendet. ITsax.de ist eine B2B Community zwischen Geschäftsführern und Personalern. Um diese B2B Community mit interessierten Bewerbern zu verknüpfen, hat ITsax.de "Vorposten" in Facebook (Fanseite), XING (Gruppe), Twitter, abonnierbare Stellenfeeds als RSS, Newsletter, etc. Wenn Sie es so wollen, ist ITsax.de eine web² Plattform, welche web2.0 Elemente mit dem realen Leben zu neuen Personalinstrumenten verknüpft. PresseAnzeiger: Ihre Community ITsax.de funktioniert geschlossen, auf Basis von Einladungscodes. Wäre eine offene Plattform nicht besucherstärker? Jörg Klukas: Die Community ist nicht geschlossen. Jede IT-Organisation aus Sachsen kann kostenfrei Förderer werden und damit gute Bewerber seinen Partnern empfehlen. Es müssen dabei aber alle Community Regeln eingehalten werden. Diese sind unter http://www.ITsax.de/faq für alle transparent und werden in den regelmäßigen quartalsweisen Community-Treffen abgestimmt und aktualisiert. Die Jobs und Stellen auf ITsax.de sind für alle Bewerber zugänglich und nutzbar - mit und ohne Empfehlungscode. Bevorzugt werden natürlich die Bewerber, die schon einmal ein überzeugendes Einstellungsgespräch bei einem der Partner hatten. Denn diese erhalten den Empfehlungscode. Damit kann man jederzeit seine Bewerbung über ITsax.de priorisieren. Es dauert in der Regel nur 1 Woche vom Absenden einer Bewerbung mit Empfehlungscode über das Portal ITsax.de bis zur Einladung zu einem Vorstellungsgespräch. PresseAnzeiger: Sie haben in der Community-Studie herausgefunden, dass Marketingabteilung und Geschäftsführung die größten Antreiber bei der Einführung von Online-Communitys in Unternehmen sind. Haben die Personaler hier noch Nachholbedarf? Jörg Klukas: Die Möglichkeiten der Social Media (Communities, Empfehlungen, Bewertungen, gemeinsame Marken,...) werden die klassischen Marketingansätze bereichern, verändern und das ein oder andere ersetzen. In 2010 ist es ein HR-Trend die Möglichkeiten des Social Media, besonders in Verknüpfung zum Employer Branding, weiter auszubauen. In den Jahren zuvor wurde erst einmal experimentiert. Hier eine Alumni Gruppe in Facebook, da eine Gruppe in StudiVZ, und noch etwas getwittert, etc. Die Geschäftsführer, Marketingspezialisten aber auch die Personaler lernen die Effekte von Social Media zu verstehen und zu vermessen. PresseAnzeiger: Wie muss man sich eine professionelle Community vorstellen - was sind die üblichen Funktionalitäten, jenseits von Newseinträgen und einer Kommentarfunktion? Jörg Klukas: Eine gute Community muss einen klaren Fokus haben. Was will man erreichen? Bei ITsax.de wollen wir uns ganz konkret gegenseitig gute Bewerber empfehlen und die Personalpolitik in jedem Partnerunternehmen der Community verbessern (wie etwa FairCompany, kununu-Bewertungen, Familienfreundlichkeit, etc.) Wir wollen die Sichtbarkeit der Partnerunternehmen erhöhen, etwa durch gemeinsame HR-Marketing-Aktionen, die sich einer alleine nicht leisten kann. Wichtig für eine Community sind gemeinsame Regeln und in unserem besonderen Fall der persönliche Kontakt der Geschäftsführer und Personaler. In jedem Community Treffen hat man die Chance 22 kostenlose Headhunter (=die anderen Partner) für seine Stellengesuche zu sensibilisieren. Eine B2B Community hat noch weitere Besonderheiten. Hier geht es nicht um Masse, um viele Mitglieder. Hier geht es darum, dass jeder, der dabei ist, aktiv ist. Nur so wird er einen wirtschaftlichen Nutzen daraus ziehen. Nach einem Jahr Community ITsax.de kann man sagen, dass die Partner, welche sich am stärksten eingebracht haben, auch die meisten Mitarbeiter über diesen neuen Kanal gewinnen konnten. Aktiv einbringen heißt konkret: Zuhören, was die anderen Partner suchen. Den anderen Partnern erklären, was man selbst sucht. Im Absageprozess Empfehlungen für einen Partner vergeben. Sich bei dem Partner für eine Empfehlung bedanken. An den Community Treffen teilnehmen. Ideen zur Weiterentwicklung der Community einbringen. Die Finanzierung der Community sichern. Regelmäßig die Ergebnisse der Community auswerten und Maßnahmen zur Verbesserung ableiten. Das macht die Aufgabe des Community Managers solcher B2B Communities auch etwas schwerer. Er muss dafür sorgen, dass jeder aktiv ist. PresseAnzeiger: Mit welchen Zielvorgaben errichten Unternehmen typischerweise interne Communities? Jörg Klukas: Das ist sehr unterschiedlich und hängt von den zu erreichenden messbaren Ergebnissen der Community ab. Hier einige Beispiele: Durch die Vernetzung einen Wissensaustausch im Unternehmen fördern (Profile erstellen, Verlinken). Dabei geht es nicht nur darum eine Unternehmens-Wikipedia nachzubauen, sondern zu wissen, wer über was Bescheid weiß. Schnelligkeit durch Real-Time Kommunikation erreichen (Microblogging). Es ist eher unspannend zu erfahren, was jemand gerade in seiner Freizeit macht. Aber 10 mal mehr interessant ist, an welchen Projekten er gerade beruflich arbeitet. Mitarbeiterbindung stärken durch Transparenz (Kommentierung, Bewertung, und ja Beteiligung). Warum eine Strategie von der Geschäftsführung von A-Z erarbeiten lassen. Durch Communities und Social Media hat man doch gerade die Chance viele Personen an einem Projekt mitwirken zu lassen und in real-time zu informieren. Warum nicht eine Strategie in Wikipedia-Manier durch verschiedene Editoren erstellen lassen? PresseAnzeiger: Wie aktiviert man Mitarbeiter zur Mitwirkung und Interaktion in Communities? Jörg Klukas: Erstens, es muss die Community der Mitarbeiter sein. In meinem Fall bei ITsax.de muss es die Community der IT-Unternehmen sein - ich bin auch nur ein Mitglied und Treiber. Genauso wie die Partner von ITsax.de muss ein Mitarbeiter in einer Community einen Wert darin sehen. Sieht er ihn nicht, wird er zumindest passiver werden. Zweitens, muss man ermutigen und ermächtigen. Dazu benötigt es auch ein Regelwerk: was darf ich als Mitarbeiter alles reinschreiben - Patente, Projektschutz, sensible Daten,... Viele gute Communities haben hier Regeln, wie z.B. personalisierte Daten zu anonymisieren sind. Viertens die Community Arbeit muss in die normale Tätigkeit integriert werden. Wenn es etwas zusätzliches aufgesetztes ist, wird es nicht funktionieren. Die Mitarbeiter haben dann dafür einfach keine Zeit. Das bedeutet man muss als Führungskraft seine Prozesse und Werkzeuge überdenken. In einem Softwareprojekt könnte jedes Teammitglied am Ende des Tages den Stand seinen Teilprojektes an den Projektleiter twittern. Der Projektleiter zieht sich dann alle entsprechenden Tweets und fertig ist der tägliche Statusbericht. Drittens braucht es einen Community Manager. Je nach Umfang kann das bis zu einer vollen Stelle ausmachen. Er bewegt sich dabei in einem Umfeld zwischen Journalismus, Marketing und Informatik. Bei internen Communities sorgt er für die Lebendigkeit. Für externe Communities, in die sich Mitarbeiter einbringen sollen, überwacht er z.B. die Verhaltensregeln und berät die Mitarbeiter und Führungskräfte bei Unsicherheiten. PresseAnzeiger: Liegen Ihnen Daten über den jeweiligen Nutzungsgrad der Communities vor? Jörg Klukas: Wir haben in der Community Studie gewisse Indikatoren erfasst, zum Beispiel die Anzahl der Mitglieder, Artikel, erreichte Visionen, Ergebnisse der Community. Die Erfolgsgrößen müssen für jede Community individuell bestimmt werden in Abhängigkeit von der Zielstellung. Bei ITsax.de sind es die Anzahl an Bewerbern auf den Portal, die Anzahl an Empfehlungen, die ausgesprochen wurden und letztendlich auch die Einstellungen, die realisiert wurden. Den Artikel finden Sie unter http://www.presseanzeiger.de/interview/10076-pludoni-gmbh.php.